Pressestimmen

17.09.2023 Michael Freerix, folker #3

15.09.2023 Stefanie Panzenböck, Falter

https://www.falter.at/maily/20230915/vier-frauen

Musik-Empfehlung fürs Wochenende: Vier Alben von vier Frauen

Seit zwei Wochen gehe ich wieder in die Redaktion. Die eineinhalb Jahre davor habe ich zu Hause verbracht, in Karenz. Wenig von dem, was kulturell oder politisch geschehen ist, drang zu mir durch. Ich war mit anderem beschäftigt.

Vier Alben von vier Frauen, die alle Sängerinnen, Musikerinnen sowie Komponistinnen sind und in Österreich leben und arbeiten, haben mich jedoch auf ganz spezielle Weise erreicht – in meiner neuen Mutter-Welt durchgerüttelt und auch davon abgesehen zum Nachdenken gebracht. Vielleicht gefallen Ihnen die Alben, aus eventuell ganz anderen Gründen.

Jenseits jedes Genres bewegt sich die Bratschistin Jelena Popržan.Auch mit ihrem im Dezember 2022 erschienenen Album Jelena Popržan Quartett (Lotus Records). Sie komponierte eigens für ihr Ensemble, experimentiert mit kleinteiligem Jazz, spannt große melodische Bögen, dazwischen webt sie ihre eindringliche Stimme. Das ist die eine Hälfte des Albums. Die andere besteht aus Vertonungen von Gedichten der polnisch-jüdischen Lyrikerin Tamar Radzyner. Und diese haben mich besonders beeindruckt. Porpržan gibt einer unheimlich mutigen Frau Stimme und Ton. Radzyner war im Zweiten Weltkrieg im kommunistischen Widerstand und überlebte drei Konzentrationslager. Polen wurde nach 1945 kommunistisch. Radzyner musste vor dem neuen Regime und dessen Antisemitismus fliehen. Sie kam Ende der 1950er-Jahre nach Wien. In „Ein Rat für die Tochter“ führt die Mutter ihrem Kind die Bitterkeit der Welt und die Brüchigkeit jeglicher Ideologien vor Augen. Und macht ihm trotzdem Mut. Ein Kunststück.

Mit ihrem Album „Spinnerin (a female narrative)“ gelang der Violinistin Julia Lacherstorfer, eine Protagonistin der zeitgenössischen Volksmusik, im Jahr 2020 eine Großtat. Die Komponistin ging daran, große Lücken in der österreichischen Volksmusik zu schließen. Denn dieser fehlen seit jeher Lebensgeschichten von Frauen. Für das Album führte Lacherstorfer auch viele Interviews, etwa mit ihrer Mutter. Teile der Gespräche arbeitete sie in die einzelnen Stücke ein. Ähnlich ging sie nun bei ihrem neuen Album „Nachbarin (a diverse narrative)“ (Lotus Records) vor. Lacherstorfer thematisiert Migrationsgeschichten, Wunden und Narben, die geblieben sind, auch ihre eigenen. Lacherstorfer Stimme ist weich und eindringlich zugleich. Langsame getragene Melodien, dazwischen Töne in kleinen Schritten, nahezu sphärische Klänge ließen mich hineinschauen in Biografien, die viel zu selten erzählt werden. Und dann war da „A Kind braucht an Naum“. Trommelschläge, Lacherstorfers Stimme. Ein bedrohlicher Rhythmus. Es geht um ledige Kinder, und die ledigen Kinder lediger Kinder und wie über sie geredet wurde. Wie die Menschen rund um sie sich abwandten und ihnen keine Chance gaben. Eines von ihnen ist im Ofen gefunden worden, ganz verkohlt. Die Großmutter habe es gut gemeint. Sie wollte ihm die Schande ersparen, heißt es.

Die Violinistin Katharina Hohenberger ist nicht nur Sängerin, Musikerin und Komponistin, sondern auch Veranstalterin. Sie bietet in ihrer Wienerlied-Konzertreihe „Einedrahn“ neuen und etablierten Künstler:innen Auftrittsmöglichkeiten. Sie selbst steht mit ihrer Band als Wiener Brut auf der Bühne. Hohenberger ist auch Schauspielerin. Das merkt man ihren Performances an. Sie traut sich in ihren meist im Dialekt gesungen Chansons, die Figuren in ihren Liedern darzustellen. Sie liebt nicht nur das Tiefsinnige, Ernste, sondern auch die Komödie. Auf ihrem neuen Album „Was morgen is“ (Nonfoodfactory) betrachtet sie kritisch und humorvoll die Corona-Pandemie, die Männerwelt oder die ÖBB. Gleichzeitig präsentiert sie wundervolle Balladen wie „Winta“. Nahegegangen ist mir „Abflug“, ein Lied für ihre Tochter, die auf dem Sprung in ein eigenes Leben ist. Es ist das Lied einer lieben Mutter und starken Frau, die ihr Kind begleiten, aber nicht aufhalten will.

hoid“ (Musikmanufaktur) heißt das neue Album von Sibylle Kefer. Es ist Musik, die überwältigt und erschüttert. Kefers Stimme ist zart und stark. Wie alles an Kefers Werk. Es ist Kefers drittes Soloalbum, auf dem sie ausschließlich im Dialekt singt. Die Musik ist bisweilen anstrengend zu hören. Komplexe Melodien und Texte verlangen mir volle Konzentration und Auseinandersetzung ab. Und es lohnt sich. Es sind Stücke, die oft im Kleinen, im Alltag beginnen und dann den Bogen zu großen gesellschaftlichen Fragen spannen. 

Kefer schreibt übrigens auch einen lesenswerten Newsletter, in dem sie in ihrer ruhigen, klugen Art etwa Position zu Themen wie Machtmissbrauch im Musikgeschäft bezieht. In „hoid“ geht es viel ums Aufstehen, sich wehren, auch ums Scheitern. Und um Hoffnung und Versöhnung. Im letzten Lied „liawa hoffnung“ beschreibt sie poetisch und umarmend, wie sich plötzlich wieder Möglichkeiten auftun. Und wie sich ihre Protagonistin lieber nicht fürchtet. Weil Fürchten so müde macht. Ein Satz, der mich seither begleitet, als Mutter, aber auch sonst.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,

Ihre Stefanie Panzenböck

28.06.2023 folker.world Martin Steiner

AUDIO | AUS DER NACHBARSCHAFT | REZENSIONEN

Sibylle Kefer

Hoid (Medienmanufaktur Wien); mit Texten

FOLKER 2023-02

Hoid – „Halt!“ Langsam, fast schleppend beginnt das Album – ein Klavier, eine Stimme. Gefühle, ein ganzes Album lang. Sibylle Kefer lotet die ganze Bandbreite aus: die innere Zerrissenheit, „tausend verschiedene Ängste“ und ihre Wut über all das Unsagbare dieser Welt. Daneben aber keimt auch – nicht ohne Ironie – eine ganz private Hoffnung auf, wenn sie Sachen wie „Es wird guat sei, ned das Gestan awa des Essen heit.“ singt. Man glaubt der Oberösterreicherin jedes Wort. So intensiv und einnehmend singen Liedermacherinnen und Liedermacher selten. Den größten Teil von Hoid hat sie wegen der Coronapandemie zu Hause eingespielt. Ihre Musikerfreunde und -freundinnen haben vom Heimstudio aus für gewisse Tracks Bassgitarre, Schlagzeug und Slidegitarre hinzugefügt. Das verleiht etwa dem Titelstück einen Indierock-Groove. Die Cellobegleitung der „Fenstabankal“-Trilogie umhüllt das nachdenkliche, warme Liebeslied mit einem kammermusikalischen Kleid. Und die Damen des Beschwerdechors Wien bringen das Outro der erdenschweren Ballade „Oa Zeit“ zum Fliegen. Auch wenn sich der Inhalt der Lieder für nichtösterreichische Ohren nicht sofort erschließt, lohnt es sich, für Hoid „innezuhoidn“.

Martin Steiner

Sibylle Kefer

Hoid (Medienmanufaktur Wien); mit Texten

https://folker.world/rezensionen/sibylle-kefer/

18.04.2023 skug MUSIKKULTUR Stefan Koroschetz

Es ist ein kluger Schachzug, ein Album mit einem Dialektwort zu betiteln, das mannigfaltige Bedeutungen annehmen kann. Das erinnert an die einzigartigen Attwenger, die ihre Alben seit jeher mit Titeln mit Mehrfachbedeutungen aufgeladen haben. Programmatisch ist für »hoid« von Sibylle Kefer schon der erste Song »Innere Werte« (»Geh schleich di mit innere Werte)«, der der Fantasie einen weiten Raum öffnet. Verwiesen wird dabei aber eher auf die Mehrfachbelastung einer Mutter, die sich im immer noch stark männlich dominierten Musikbusiness behaupten muss. Dazu kommt, dass Kefer in diversen anderen Formationen engagiert ist, die bekannteste Band ist wahrscheinlich Ernst Molden und das Frauenorchester. »hoid« ist bereits das sechste Soloalbum der Musikerin mit Vergangenheit z. B. bei den Ausseer Hardbradlern, die ihr Geld u. a. als Musiktherapeutin reinschaufelt. Ich gebe zu, dass ich mit »hoid« anfänglich ein wenig gefremdelt habe, teilweise gar spröde ist manches bei mir angekommen. Mit jedem Durchlauf des stylish gestalteten Doppelvinyls sind die Bedenken aber mehr und mehr verschwunden (ein sogenannter »Grower«) und es hat sich eine angenehme Vertrautheit beim immer öfter Hören von »hoid« eingestellt. Manche Platten brauchen hoid mehr Zeit, um danach umso nachhaltiger zu wirken. Kefer singt mit ihrer wandlungsfähigen, grandiosen Stimme berührend zu diversen Sounds, sogar regelrecht kammermusikalische Sequenzen kommen vor, und das nicht zu knapp. Kontrastiert wird der Chambersound von zumindest beinahe Clubsounds, was »hoid« eine irgendwie pikante Note verleiht. Um so ein phettes Unternehmen wie ein Doppelalbum zu stemmen, bedarf es natürlich externer Kräfte. In diesem Fall sind die besten gerade gut genug. Da wäre Slide-Gitarrengott Gottfried Gfrerer, Alleskönner Martin Siewert, Spurenelemente Beschwerdechor, Marlene Lacherstorfer und noch einige mehr. Mein Favorit von den vier schwarzen Scheiben ist übrigens Seite 4, auch wenn diese recht kurz geraten ist. »hoid« ist ein bemerkenswertes und intelligentes Statement im Bereich zwischen Wienerlied und Elektronik. Einfach GROSSE KLASSE!

31.03.2023 Nadia Baha

http://abatznhetz2015.blogspot.com

falter:woche 11, 15.03.2023

wiener zeitung 11.03.2023

Als Name dürfte Sibylle Kefer vielen dunkel geläufig sein. Sie war Sängerin bei den Amadeus-gekrönten Ausseer Hardbradlern, die zu den feinsten Protagonisten der sogenannten Neuen Volksmusik gehörten. Später zog es die ausgebildete und noch heute als solche aktive Musiktherapeutin mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche in den Dunstkreis Ernst Moldens. Sie ist fixes Mitglied in Moldens Frauenorchester und hat auch mit Willi Resetarits kooperiert. (…) hier weiterlesen:

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/pop-rock-jazz/2180775-Zuversichtlich-und-souveraen.html

ö1 spielräume 09.03.2023

vielen dank an astrid schwarz!

Mit ihrem neuen Album „hoid“ veröffentlicht die in Wien lebende Singer/Songwriterin Sibylle Kefer eine Sammlung von Liedern, die seit 2020 entstanden sind und aufgenommen wurden. Sie fungieren quasi als Brücke und Klammer für vermeintlich widersprüchliche Erfahrungen und für die künstlerische Reaktion darauf. Stichworte: Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine und drohender ökologischer Kollaps. 

https://www.tvbutler.at/radio/radiosendung/?bcast_id=36216084

interview im freien radio salzkammergut 08.03.2023

Sibylle Kefer im Gespräch

https://cba.fro.at/612075/embed?audio&q=1

Von der Selbstwirksamkeit, von alten Strukturen die neu gedacht werden müssen, von vernetzten Frauen in der Musik und von der Gleichzeitigkeit von Gegensätzen erzählt sie im Gespräch anlässlich des Weltfrauentags 2023. Mit ihrer eigenen beruflichen und musikalischen Emanzipation und mit alten patriarchalen Strukturen hat sich Sibylle Kefer in den letzten drei Jahren beschäftigt. In dieser Zeit ist das neue Album entstanden, mit dem sich die gebürtige Goiserin noch einmal selbst neu erfunden hat. „Hoid“ ist das Werk betitelt, das am 3. März erschienen ist.

Mit Band wird sie das Album am 23. März im Wiener Radiokulturhaus präsentieren.

Diese Musik hat viele Räume. 
Sie betritt ihre klingenden Räume.
Erschliesst sich. 
Kommt an. 
Ganz eigene Handlungs-Spiel-Räume.
Schimmert ein Wienderlied.
Weint der Teufel und geht.

Schreit dass hoid is wies is.

Eine Frau auf Spurensuche in inneren Räumen.
Ist sie vielen Frauen auf der Spur.
Tochter. Mutter. Musikerin. Mehr davon.

Frauen wie sie zerbrechen alte Strukturen.
Gehen ihren Söhnen und Töchtern voraus. 
Mondsche.

Das Patriarchat: verloren?

Evelyn Ritt – Technik und Redaktion

https://cba.fro.at/612075?fbclid=IwAR1SJQxyQO6Uzv8_B2nPp9kP8wRRjbwg6aIFLEVQXJxCesX0Ds0txqTflSo

der haubentaucher 05.05.2023 – eine urschöne kritik, juhu!

mica, 03.03.2023

https://www.musicaustria.at/die-lieder-schreiben-sich-eigentlich-von-selbst-sibylle-kefer-im-mica-interview/?fbclid=IwAR3ll4Qg6ayKTeN0d1AlGW7SoEO069jSN-pQOFkVzqrHZ9Rzd61KXO6jaB0

falter, 01.03.2023

Die Presse, 24.02.2023

er-em-online.de 20.02.2323

http://www.er-em-online.de/2023/02/20/review/audio/hoid/

Das ist ausgereiftes, tiefgründiges Songwritertum, geradezu folkige Kammermusik! (…)

musicbiz februar 2023- ich durfte einen gastbeitrag zu diesem wichtigen thema machen:

https://www.ursulaberner.at/webauftritt/wp-content/uploads/2023/02/MUSICBIZ-Feb-23.pdf

Falter 24.02.2020

Rainer Krispel:

Sibylle Kefers unprätentiösen Texte sind von einem entwaffnenden Humanismus und Feminismus geprägt, die sich solcher Begriffe nicht bedienen und ihre Zuhörer_innen sehr unmittelbar „erwischen“, eine unverstellte Direktheit und (!) sensible Achtsamkeit, die sie sich auch bei ihrer Präsenz in sozialen Medien angelegen sein lässt.

Stefanie Panzenböck, Falter:

Sibylle Kefer, die 1976 in Bad Ischl geboren wurde, in Bad Goisern aufwuchs, großteils in Wien lebt und bis 2004 Mitglied er Ausseer Hardbradler war, hat 2017 mit „hob i di“ ein reduziertes, dafür umso eindringlicheres Album vorgelegt. Auf dem 2019 veröffentlichten Nachfolger „sibylle kefer“ gibt sie ein kräftiges, facettenreiches Lebenszeichen aus einer anderen musikalischen Richtung. Was bleibt, ist die großartig klare, zu erstaunlichen Intonationen fähige Stimme. Ihre Texte, im Dialekt gesungen, sind teils politisch, teils Alltagserzählungen.

Kronenzeitung, 19.07.2019:

skug, 02.04.20

Sibylle Kefer

»s/t« 

Sie Records/Hoanzl

TEXT: STEFAN KOROSCHETZ

VERÖFFENTLICHUNG2. APRIL 2020

Das bereits fünfte Album der gebürtigen Salzburgerin Sibylle Kefer heißt schlicht wie die Sängerin/Autorin/Komponistin selbst. »Sibylle Kefer« ist schon vor einigen Monaten erschienen und soll an dieser Stelle mit Verspätung gewürdigt werden. Die seit 25 Jahren in Wien lebende Mutter dreier Kinder ist schon lange eine bunte Hündin in der im weitesten Sinn Neues-Wienerlied-Szene. Kefer spielt(e) in der Band von Ernst Molden (den sie schon als 15-Jährige in Salzburg kennenlernte) sowie bei Ernst Molden & Das Frauenorchester. Dazu kommt eine Vergangenheit als Backgroundsängerin der Ausseer Hardbradler und ein denkwürdiger Auftritt der Multiinstrumentalistin bei der Eröffnung der Wiener Festwochen 2018, bei dem sie unter anderem den kultigen Song »Keine Angst« von Hansi Lang mitreißend interpretierte. Auf ihren ersten Alben sang Kefer noch in diversen Sprachen, mit dem 2017er-Album »Hob i di« hat die in ihrem Brotberuf als Musiktherapeutin Arbeitende die ihr angemessene Textsprache (ein Amalgam aus Salzburger und Wiener Gemeinsprache) gefunden. »Sibylle Kefer« schlägt in der Konzeption wieder einen Haken. In der Mixtur aus mit Band eingespielten Stücken und solchen, die quasi Solosongs mit Elektronik sind, vermitteln diese im ersten Durchlauf einen irgendwie doch sperrigen Eindruck. Nix mit Ohrwürmern, die man schon nach dem ersten Hören nach zehn Bier intus locker mitgrölen kann. Eher schimmert in den meisten Songs mehr als nur in Spurenelementen durch, dass Frau Kefer auch Jazz-Gesang gelernt hat und die entsprechenden Harmonien locker aus dem Ärmel schütteln kann. Etwa in »dei schmerz«, dem ersten Elektrostück des Albums, welches ziemlich angejazzt und spooky atmosphärisch gut und gern als kontemporäres Kunstlied durchgeht. Mit einem in der Unterhaltungsmusik bis dato vermutlich nur selten behandelten Thema befasst sich »da taxla«. Kefer sieht beim Radfahren im 22. Wiener Gemeindebezirk einen Taxler, der »in busch scheißt«, ertappt sich dabei, länger hinzuschauen, als es sich geziemt, und fühlt sich beschämt. Nicht unbedingt wegen des Taxlers, sondern wegen der unwürdigen Umstände, unter denen der Taxifahrer seinen Darm entleeren muss. »da taxla« ist ein Song, der sprichwörtlich unter die Haut geht mit seinem unorthodoxen Zugang zum Thema Ungerechtigkeit. Mit dem »luxusproblem«, dass man gern einen Garten und ein Haus hätte (in Zeiten von Corona besonders wichtig!) können sich manche Bewohner*innen von Bobostan sicher leichter identifizieren. Haltung demonstriert Kefer bereits im ersten Song »menschln«, der gleich mit der klaren Ansage »hosnscheissa mog i nit so gern« einsteigt und mit »erst muass amoi wos zum essn gebm / sonst verhungern die leit« gleich mal eine klare Ansage macht. Geradezu mellow im Sound ist das Elektropoem »dei schmerz«, das mit »mei herz« (»valoss mi nie mei herz / sei stoak / pump«) am Schluss eine Klammer bildet. Geheimnisvoll ist auch der Elektro-Chanson »eisplatte« mit den wuchtigen Zeilen »deaf ma donn sogn / dass die ära scho a guat is / obwoi die nochrichtn festhoitn / dass da mensch nu imma bluatig is«. Bei den überwiegenden Stücken. die im Bandkontext eingespielt wurden, bekommt Kefer kompetenten Support von Marlene Lachersdorfer am Bass und Maria Petrova am Schlagzeug. Die interessanteren Stücke des Albums sind, weil innovativer, die elektronisch grundierten. Die immer wieder politisch Haltung demonstrierende Kefer wurde für das Album mit einer Nominierung für die Longlist des Preises der deutschen Schallplattenkritik 2020 belohnt. Viel Glück!

https://youtube.com/watch?v=7HPQTVs0c2w%3Ffeature%3Doembed

musikbiz juli 21:

In der Musikszene schon längst keine Unbekannte (sie wart sogar schon Mitglied bei den legendären Ausseer Hardbradler, in letzter Zeit im Umfeld von Ernst Molden immer wieder zu hören), legt die gebürtige Salzkammergutlerin ihr fünftes Soloalbum vor, auf dem sie sich in einer Höchstphase verbindet. Als gelernte Musiktherapeutin moduliert sie perfekt, ihre klare Stimme braucht sich nicht zu verstellen, sondern wirkt immer eindringlich. Die Instrumentierung sehr karg, auf das Nötigste reduziert und gerade deswegen so eindringlich. „Dei Schmerz“ ist gruseliger als jeder Halloweenstreifen, anderes wieder zum Glück von heiterer Gelassenheit. Wobei diese so zierliche Frau lässt sich nicht unterkriegen, das macht sie in jedem Text deutlich. Ein Role-Model! 

Alumna im Fokus: Sibylle Kefer

By Susanne Gradl

Die fünfmonatige Bildungskarenz anlässlich der Nachgraduierung der studierten Musiktherapeutin fällt in den Beginn der Corona-Pandemie. Warum sie dem plötzlichen Stillstand auch etwas Positives abgewinnen kann und weshalb sie bei ihrem sechsten Album nicht mehr von anderen abhängig sein möchte, erklärt Sibylle Kefer im Gespräch mit dem mdw-Magazin.

Schon früh gehört Musik zum Leben der Ausnahmekünstlerin, der Vater gibt Volksmusikabende, die Mutter unterrichtet Klavier in ihrem Kinderzimmer. Mit zehn Jahren erhält Sibylle Kefer Querflötenunterricht. „Als Jugendliche wollte ich mich dann auch mit anderen Instrumenten auseinandersetzen. In der Musikschule habe ich Querflöte, Klavier und später Schlagzeug gelernt, mein Vater hat mir zu Hause Akkorde auf der Gitarre gezeigt.“ Zusätzlich spielt Kefer im Bezirksjugendorchester sowie in der Blasmusikkapelle und leitet sogar eine Jugendkapelle. „Ich habe die ganze Woche darauf gewartet, im Orchester zu spielen; man könnte sagen, ich habe für die Musik gelebt.“ Die junge Musikerin hat immer mehr Ideen für neue Instrumente. „Prinzipiell wollte ich immer sehr viel von dem, was mich interessiert hat, und das andere, wie die Schule, ganz wegmachen“, lacht die gebürtige Oberösterreicherin.

Ich habe für die Musik gelebt. Das war das Schönste für mich.

Zum ersten Mal in Kontakt mit der Studienrichtung Musiktherapie kommt Sibylle Kefer bei dem Besuch einer Berufsinformationsmesse. Die Verbindung ihrer zwei größten Leidenschaften – Musik und Soziales – weckt das Interesse der passionierten Musikerin. „Musiktherapie war mein Wunschberuf, hätte das nicht geklappt, hätte ich mich für Sozialarbeit entschieden.“ Nach einem Jahr Vorbereitung wird sie schließlich zum Kurzstudium Musiktherapie an der mdw zugelassen.

Sibylle Kefers zweites Standbein neben der Musiktherapie ist der Jazzgesang. Mit 17 Jahren hört sie ein Konzert der Jazzsängerin Ines Reiger in Hallstatt. Dieser Auftritt motiviert sie zum Besuch mehrerer Seminare in Scheibbs und Zeillern. Ihre Ausbildung im Jazzgesang sowie ihre künstlerische Tätigkeit finanziert sich die vielseitige Künstlerin durch ihre Arbeit als Musiktherapeutin. „Die Musiktherapie hat mir nicht nur ermöglicht, meine Ausbildung als Jazzsängerin, sondern auch meine Band während der ersten Projekte besser bezahlen zu können. Das war mir wichtig.“

Aktuell arbeitet die ausgebildete Jazzsängerin an ihrem sechsten Album. „Ich habe mehrere Producing-Workshops gemacht, damit ich nicht mehr von anderen abhängig bin und die Musik so klingt, wie ich mir das vorstelle. In dieses Album möchte ich all meine eigenen Themen einfließen lassen.“

Ich konnte nie genug lernen und hatte immer wieder Ideen für neue Instrumente.

© Magdalena Blaszczcuk 

Neben ihrer Tätigkeit als Kindermusiktherapeutin begleitete Sibylle Kefer ein Jahrzehnt lang Jazzgesang-Studierende zu ihrem Diplom 

Rund zwanzig Jahre nach ihrer Ausbildung zur Musiktherapeutin entscheidet sich Sibylle Kefer für die Option der Nachgraduierung, um das Diplom für Musiktherapie, das damals noch nicht angeboten wurde, zu erwerben. „Der Beginn meiner Bildungskarenz fiel letztes Jahr genau mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie in Europa zusammen. Ich war zu diesem Zeitpunkt sehr arbeitsmüde und brauchte dringend eine Pause. Ich bin in einem tollen Team, und es ist sinnvoll, was ich tue, aber es ist auch sehr anstrengend.“ Der berufliche Abstand verschafft ihr die Möglichkeit, neue Kräfte zu sammeln und wieder neu durchzustarten. Sie beschäftigt sich intensiv mit ihrem Diplomarbeitsthema „Kontrollverlustängste bei Kindern in einer bindungsorientierten Musiktherapie“ und schließt das Diplomstudium im November 2020 erfolgreich ab. „Ich war dankbar, mich in dieser Zeit auf meine wissenschaftliche Arbeit konzentrieren zu können. Zudem hatte ich auch wieder mehr Zeit für meine Familie und für mich selbst. Das hat mir gutgetan. Der pandemiebedingte Stillstand des Systems ist mir dabei entgegengekommen.“ Gleichzeitig ist Sibylle Kefer besorgt, welche Auswirkungen dieser Umbruch mit sich bringt. „Das hat mich natürlich sehr beschäftigt und mir auch Angst gemacht. Vor allem auch, was das mit den Kindern und Jugendlichen macht.“ Deren Umgang mit der Coronakrise findet Kefer höchst bewundernswert. „Die jungen Leute sind so flexibel. Sie mussten viele Abstriche machen, haben auf die anderen aufgepasst und dafür kaum Zugeständnisse bekommen.“ Resilienz spielt hier laut der gelernten Musiktherapeutin eine große Rolle. „Es geht darum, sich zu verknüpfen und in Kontakt zu bleiben. Man muss sich neu strukturieren und ordnen.“

Was ich in meiner Ausbildung zur Therapeutin gelernt habe, ist, dass es viele Wege gibt, mit Erlebtem umzugehen.

Auch die dreifache Mutter empfindet die Corona-Zeit als große Herausforderung, die Struktur im Homeschooling zu halten, fällt schwer. „Um meinen Kindern eine Freude zu machen, habe ich mich kurzerhand entschlossen, mit ihnen gemeinsam ein Hörspiel zu entwickeln.“ Die gesamte Familie inklusive Großeltern beteiligt sich und spricht Texte ein. „Wir haben Lieder geschrieben und sie anschließend aufgenommen, das war für uns alle ein tolles Erlebnis.“ Mit welcher Haltung Eltern einer Krise begegnen, wirkt sich auch auf das Verhalten der Kinder aus, weiß die Pädagogin. „Eltern ermöglichen ihren Kindern die Fähigkeit zur Resilienz, wenn sie aus schwierigen Situationen etwas Positives mitnehmen können.“

Nach der Rückkehr aus der Bildungskarenz gehören Corona und die damit einhergehenden Sicherheitsmaßnahmen zu ihrem Alltag als Kindermusiktherapeutin. „Wir mussten kleine Kinder, die zum Teil an Sprachentwicklungs- oder Kontaktstörungen leiden, mit Maske betreuen. Das habe ich als große Herausforderung empfunden.“

© Johannes Wahl

Als Musiktherapeutin ist Sibylle Kefer seit vielen Jahren im SOS-Kinderdorf in Hinterbrühl tätig. Heute arbeitet sie zudem im Zentrum für Entwicklungsförderung in Wien 

Generell empfindet die Musiktherapeutin es als wichtig und hilfreich, resilient zu sein. Ebenso wichtig ist es aber, als Gesellschaft für diejenigen da zu sein, die Hilfe brauchen. „Es wäre schade, wenn alle nur für sich alleine kämpfen würden. Kunst ist verletzlich und brüchig und soll authentisch bleiben können. Schwach zu sein ist ebenso menschlich, wie stark zu sein. Alle Facetten sind wichtig.“

Sibylle Kefer (c) Magdalena Blasczcuk

Sibylle Kefer (c) Magdalena Blasczcuk

„DIALEKTGESANG HAT MICH IMMER ANGEZOGEN“ – SIBYLLE KEFER IM MICA-INTERVIEW

2. Juni 2017

Früher war sie in Oberösterreich Background-Sängerin in der Band von BRIAN LEONARD und Flötistin und Sängerin bei den AUSEER HARDBRADLER: Längst lebt SIBYLLE KEFER in Wien und schreibt und veröffentlicht ihre eigene Musik. Vor kurzem ist ihre neue CD „Hob i di“ auf Bader Molden Recordings, dem neuen Label von CHARLIE BADER und ERNST MOLDEN, erschienen.

Welche Aktivitäten gab es von Ihnen vor der aktuellen CD?

Sibylle Kefer: Ich bin nicht nur Musikerin, sondern auch Musiktherapeutin und ich definiere mich über diese beiden Tätigkeiten. Früher war ich noch bei der Gruppe Ultraschall im Salzkammergut, das war eine Trommelgruppe, bei der ich Flöte gespielt habe. Da hat mich Ernst Gottschmann gesehen und so bin ich dann zu den Ausseer Hardbradlern gekommen. Ich war dort Background-Sängerin und habe Flöte gespielt und letztendlich bin ich vor rund 10 Jahren in Ernst Moldens Band gelandet.

Woher haben Sie ihn gekannt?

Sibylle Kefer: Wir kennen einander schon lange, weil Ernst bei meiner Großmutter in Hallstatt Urlaub gemacht hat. Ich habe ihr geholfen, die Betten zu machen, ich kenne ihn also schon sehr lange, seit ungefähr 25 Jahren und vor etwa 20 Jahren hat er mich eben in die Band geholt und da bin ich immer wieder dabei.

Neben diesen Beteiligungen: Wann haben Sie begonnen, eigene Lieder zu machen?

Sibylle Kefer: Ich habe inzwischen vier Alben veröffentlicht, das erste vor etwa 10 Jahren, als ich ungefähr 30 Jahre alt war. Eigene Lieder zu schreiben war immer schon mein Ding, auch schon als Kind und als Jugendliche und es war auch immer mein Ziel da dran zu bleiben.

Warum hat es so lange gedauert, bis Sie Ihre eigene Musik veröffentlicht haben? Eine Debüt-Platte im Alter von 30 Jahren zu machen, ist ungewöhnlich spät.

Sibylle Kefer: Das hat sicherlich damit zu tun, dass ich mit 22 Jahren ein Kind bekommen habe und begonnen habe als Musiktherapeutin zu arbeiten. Mit  den Hardbradler und anderen Musikprojekten war ich ausgelastet und es hat sich gar nicht die Frage gestellt, meine Musik früher zu veröffentlichen. Aber der Weg dorthin war klar.

Ein Stück auf der neuen CD heißt „Freundschaftsentzug“. Wie ist das entstanden?

Cover “Hob I di”

Sibylle Kefer: Das betrifft glaube ich viele Leute. Ich habe viele Freunde, die ich aber nicht oft sehe. Die mir aber sehr wichtig sind und die ich ab und an vermisse. Ich habe früher in Bad Ischl in einem Haus gewohnt, auch als ich schon zum Teil in Wien war. Das war eine Wohngemeinschaft, zu dritt. Einer hat dort immer gewohnt und zwei sind immer nach Wien gependelt. Wir haben oft an den Abenden miteinander musiziert und gequatscht und uns Gedanken über die Welt gemacht. Das ist so ein schönes Gefühl, in meiner Erinnerung. Und dieses Haus gibt es zum Beispiel nicht mehr. Aber die Freunde gibt es noch und all das fehlt mir manchmal und ich erinnere mich gerne daran.

“SO WIE ICH DAS ERLEBE, IST DAS LEBEN, EINFACH DAS LEBEN”

In einem Lied heißt es: „Das Leben tut, was es tut“. Mir ist dieser Satz als Überschrift erschienen. Ist das ein Motto für Sie und eine übergeordnete Botschaft?

Sibylle Kefer: Das kommt vor in einem Lied, das ich für meine älteste Tochter geschrieben habe. Da hat mich natürlich die Frage beschäftigt: Was kann ich ihr auf den Weg mitgeben? Und steht es mir überhaupt zu, dass ich ihr etwas mitgeben will? Ich wollte nichts beschönigen, denn so wie ich das Leben erlebe, ist es nicht immer so, dass man sagen kann: alles, was passiert, hat ganz viel mit mir zu tun. Manche Dinge zieht man zwar an, aber man kann nicht immer alles planen. Wenn etwas passiert, passiert es einfach. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es mir nicht zusteht, ihr zu sagen: Wenn du deine Sachen im Griff hast, wird dir nichts Schlimmes passieren. Ich wollte ihr sagen: so wie ich das erlebe, ist das Leben, einfach das Leben. Du bist du und ich bin ich und wir machen hier unsere Verbindungen. Ich wünsche dir alles Gute, aber ich kann dir auch nicht garantieren, dass das Leben immer gut ist zu einem. In diesem Lied, geht es auch darum zu sagen, dass es um den Moment geht.

Auf dem neuen Album sind diverse Gäste dabei, wie haben Sie deren Input erlebt. Martina Rittmannsberger spielt Violine, Walther Soyka am Akkordeon und auch Ernst Molden spielt mit.

Sibylle Kefer: Das habe ich sehr bereichernd erlebt. Meine Idee wäre ohnehin gewesen, die Lieder mit Leuten wie den Beteiligten umzusetzen. Es kam dann so, dass ich in erster Linie selbst spiele und in zweiter Linie unterstützt mich jemand, das ist auf Ernst Molden zurückzuführen. Denn als er die Lieder zum ersten Mal gehört hat, hat er gesagt: das spielst du genau so. Da brauchst du dann keine Band und du bist die Sängerin, sondern du spielst die Lieder und wir unterstützen dich. Zum Beispiel das Schlaflied, das letzte Lied auf der CD, wollte ich so machen, dass sie es spielen und nicht ich. Walther hat dann gemeint: aber mitspielen sollst du schon. Und letztlich haben wir es zu dritt eingespielt.

Haben Sie den beteiligten MusikerInnen Vorgaben gemacht oder habt ihr gemeinsam entwickelt, was sie spielen?

Sibylle Kefer: Das haben wir gemeinsam entwickelt, die Lieder waren aber schon so griffig und fertig, dass sich manches auch aufgedrängt hat. Aber was sie letztlich spielen, da habe ich mich nicht eingemischt. Das sind so tolle MusikerInnen, das war nicht notwendig. Die Strukturen des Liedes waren schon fix und es waren die Harmonien schon gegeben. Bei allen zwölf Liedern.

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D.h.: Sie haben vieles live eingespielt?

Sibylle Kefer: Ja, Gitarre und Stimme habe ich immer gleichzeitig eingespielt. Ich habe von vielen Leuten gehört, dass es den Charme dieses Albums ausmacht, dass man das Gefühl hat, man sitzt dabei während es gesungen wird. Man darf dabei seien, bei diesem intimen Prozess. Es sind ja intime Lieder, finde ich.

“ICH HABE DIE RÜCKMELDUNG GEKOMMEN, DASS DIE TEXTE SEHR WOHL PRÄGEND SIND”

Was macht ein Lied von Ihnen aus? Wie wichtig sind etwa die Texte?

Sibylle Kefer: Ich weiß gar nicht, ob ich für diese Frage die richtige Ansprechpartnerin bin. Ich habe die Rückmeldung gekommen, dass die Texte sehr wohl prägend sind. Aber vielleicht muss ich das anders sagen, das ist für mich eine schwierige Frage. Bei diesem Album war es so, dass meistens die Texte zuerst da waren. An sich arbeite ich einmal so und einmal so: wenn ich eine Melodie höre, kann es sein, dass ich das Handy nehme und die Melodie einsinge. Und irgendwann komme ich vielleicht wieder darauf zurück. Bei Texten ist es so, dass einzelne Textpassagen entstehen, die sich vielleicht reimen oder die ich witzig finde. Die sammle ich in einem Notizbuch. In diesem Fall war es so, dass ich mich wirklich hingesetzt habe und auch geschrieben habe. Manches habe ich am Computer gefunden oder in meinem Notizbuch und die Musik dazu ist relativ schnell da gewesen.

Sie singen auf „Hob i di“ im Dialekt, haben Sie auch schon Hochdeutsch, Englisch oder andere Sprachen verwendet?

Sibylle Kefer: Ich habe ganz lange das Problem gehabt, dass ich mich nicht entscheiden konnte. Ich habe beim Jazz-Gesang natürlich ganz viel Englisch gesungen und als ich Jugendliche war, war es eher hip – auf Ö3 – in englischer Sprache zu singen. Aber der Dialekt hat mich immer schon beschäftigt. Wilfried ist mein Großcousin, der Cousin meiner Mutter. Ich bin natürlich mit seiner Musik aufgewachsen und mit Hubert von Goisern. Ich komme ja aus Goisern und: Dialektgesang hat mich immer angezogen. Das hat mich mein Leben lang begleitet. Mir hat mal jemand eine Frage gestellt, mit der ich mir schwer getan habe: Wieso besteht jetzt so ein Hype um den Dialektgesang? Ich habe das in meinem Leben nicht so erlebt, mich hat das immer beschäftigt und begleitet, auch bei den Hardbradlern.

Und bei Ihren eigenen Liedern?

Sibylle Kefer: Für meine eigenen Sachen gilt, dass ich die Lieder so entstehen habe lassen, wie sie einfach heraus kommen. Auf dem ersten Album gab es ein Dialektlied und die meisten Lieder waren Hochdeutsch und zwei in englischer Sprache. Beim zweiten und dritten Album war es wieder gemischt. Manche Leute haben gesagt, ich sollte beim Hochdeutsch bleiben, manchen hat gefallen, wenn ich Englisch singe. Die Entscheidung muss eh von innen kommen und jetzt wollte ich das einfach so machen.

Danke für das Gespräch.

Jürgen Plank

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Sibylle Kefer: Hob i di

von Robert Fischer mit den Schlagworten: 

Am 9.3. 2017 präsentierte Sibylle Kefer ihr neues, von Ernst Molden produziertes, Album „Hob i di“ im Cafe Heumarkt. Sibylle Kefer stammt aus Bad Goisern (ein Verwandter ist Austropop-Legende Wilfried) und singt auf der neuen CD zum ersten Mal im oberösterreichischen Dialekt Ihrer Heimat. 

Kefer ist ausgebildete Musiktherapeutin, und hat daneben aber schon seit ihrer Jugend immer in verschiedenen Musikgruppen gesungen und musiziert. Sie spielt ausgezeichnet Querflöte und Gitarre, war Mitglied der Ausseer Hardbradler, ist in der aktuellen Band von Ernst Molden und unterrichtet als Dozentin für Jazzgesang am Gustav-Mahler-Konservatorium. Stilistisch im Singer-Songwriterbereich angesiedelt, aber gelegentlich mit etwas Jazz und Folk angereichert, sind die Lieder auf „Hob i di“ zumeist ruhig und unaufgeregt. Subtile Akzente setzen Walther Soyka (Akkordeon), Martina Rittmannsberger (Geige), Karl Stirner (Zither), Andrej Prozorov (Saxophon), Heinz Kittner (Schlagzeug) und Ernst Molden selbst an Gitarre und Bass. 

„Hob i di“ ist ein intensives Album, auf das man sich einlassen sollte, in das man richtiggehend eintauchen kann. Wer aufs Nebenbei-Hören verzichtet und Zeit in das Album investiert wird mit einigen ganz besonders schönen Song-Perlen von Sibylle Kefer sowie einem starken Statement in Sachen Dialektmusik belohnt. //

Text: Robert Fischer 
Foto: Magdalena Blasczcuk

Sibylle Kefer: Hob i di 
Musik: @@@@ 
Klang: @@@@ 
Label / Vertrieb: Bader Molden Recordings / Rough Trade (2017) 



Ernst Molden:

Sibylle Kefer

Sibylle Kefer steht seit jeher mit einem Bein im Folk, mit dem anderen im Jazz. Die Sängerin, Liederschreiberin, Multiinstrumentalistin und Seele jeder Band, in der sie jemals mitgewirkt hat, hat für ihr erstes Album „Hob i di“ zwölf Lieder geschrieben, erstmals in ihrer ureigenen Sprache. Das ist der Dialekt von Bad Goisern, oberösterreichisches Salzkammergut, alpine Schönheit und düstere Bürde gleichermaßen.

Bad Goisern ist Herkunftsort so unterschiedlicher Figuren wie Hubert von Goisern, Jörg Haider und Wilfried, letzterer übrigens der Onkel der hier so wunderbar singenden Dame. Das Salzkammergut ist innerstes Österreich, gleichzeitig dringend gebrauchte Identität und schamlosest mißbrauchte Idylle. Das wußte man alles, dass aber die Sprache dieser Gegend, ihr Sound, so zauberhaft, klug und anmutig sein kann, wissen wir erst jetzt, dank Sibylle Kefer.

Die zwölf Songs sind gestochen scharfe und zugleich tiefberührte und tiefberührende Miniaturen aus dem Leben einer 40-jährigen Künstlerin, Liebenden, Mutter. Songs, die das Innerste ausleuchten, sich für dessen Darstellung dann aber die ganze Welt zum Platz nehmen. Da geht es um scheinbar Schlichtes, das am Ende überlebensgroß wird. Ein schwermütiger Herbsttag, eine kleine Verletzung, die nicht und nicht zu bluten aufhört, das existenzielle Strampeln nach künstlerischer Bewegungsfreiheit, derweil man drei Kinder zu Erwachsenen machen soll. Dazu die kahlen Bäume eines gebirgigen, innerösterreichischen Herbstes, die Traun bei Hochwasser, der ewige Wind. Und Sibylle Kefer, die uns alles sagt, wie es ist, und trotzdem klingt als würde sie Zaubersprüche sagen. Da fühlt sich die, oje, Heimat einmal groß an. Frei.

Wenn diese Platte etwas von der Größe und überraschenden Kraft einer Joni Mitchell hat, mag das daran liegen. Mit Sicherheit liegt es an den glänzenden Liedern.




Kurier, 16.01.2011: